Das persönliche Blog von André Reichelt

Beiträge mit Schlagwort ‘Zukunft’

Die DAB+-Lüge, oder „Eine Botschaft aus dem digitalen Tal der Ahnungslosen“

Digital Audio Broadcasting, also das digitale Übertragen von Ton, wird als der Nachfolger für das allbekannte UKW-System in den Medien beworben. Verheißungsvoll werden die großartigen Eigenschaften gepriesen und dem Kunden wird suggeriert, dass er nur mit einem DAB+-fähigen Empfangsgerät dazu gehört und hip ist. Besonders die hohe Sendervielfalt, die Möglichkeit der Übertragung von Metainformationen wie auch der rauschfreie Klang werden beworben.

So verkündet die Webseite digitalradio.de unter anderem, dass das Digitalradio aufgrund der größeren Programmauswahl vielfältiger und mit mehr Sendern für den ganz persönlichen Geschmack persönlicher sei. Das sind die ersten zwei der „10 Gründe für Digitalradio“, welche der Internetauftritt prominent auf der Startseite in einem rotierenden Werbebanner vorstellt. Dabei scheint es sich durchaus um eine seriöse und offizielle Quelle zu handeln, denn im Impressum wird die Seite als „Gemeinschaftsprojekt von ARD, Deutschlandradio, DRD Digitalradio Deutschland GmbH und Media Broadcast“ vorgestellt.

Ich muss gestehen, beim Frühstück gehört für mich seit langem das Radiohören einfach mit dazu. Ein Kaffee, einen Happen zu essen und dazu die seichte Unterhaltung der diversen Morning Shows, bevorzugt SWR1, das ist mein Morgenritual. Immer wieder wurden auch Werbeaktionen für DAB+ veranstaltet, häufig in Form von Gewinnspielen mit geeigneten Empfangsgeräten als Hauptpreis.

Nachdem unser altes, analoges Küchenradio, eine gute alte „Boombox“ aus den 90ern, ein Kasten mit CD, Kassette und Radio, vor eineinhalb Jahren den Geist aufgegeben hatte entschieden wir uns als dazu, das Experiment zu wagen und ein DAB+-fähiges Digitalradio anzuschaffen. Über die jetzige Marktsituation bei der Hardware kann ich nicht viel sagen, damals wurde unsere Wahl, ein AEG DAB 4124 für damals um die 70 Euro, im hiesigen Elektrofachgeschäft jedoch als das Spitzengerät im Sortiment angepriesen. Zweifelsohne ist der Klang für die Baugröße hervorragend – stereo, versteht sich – und auch die Bedienung ist mit ein paar Knöpfen mit gutem Druckpunkt denkbar einfach, so gesehen also ein guter und empfehlenswerter Kauf und auch bestens geeignet für nicht so technikaffine Menschen.

Die Ernüchterung, und das liegt nicht am Gerät, kam dann allerdings nach dem Sendersuchlauf: Überwältigende sechs Sender, SWR 1, 2, 3 und 4, SWRinfo sowie DasDing wurden in die Programmliste aufgenommen. Zunächst dachte ich an einen Fehler und konsultierte die Betriebsanleitung. Tatsächlich: Es gäbe eine Option mit der man die Empfindlichkeit des Suchlaufes beeinflussen konnte. Und tatsächlich erschienen nach einem erneuten Suchlauf auch die öffentlich-rechtlichen Sender des nahegelegenen Bayern in der Liste. Dann jedoch der erneute Rückschlag: Paketverluste ohne Ende, nur ab und zu war ein Wabern zu hören. Nur bei allerbestem Wetter ist überhaupt an Empfang zu denken, haben wir später festgestellt, doch auch dann mit gelegentlichen Aussetzern.

Wir machen einen Zeitsprung vom Herbst ’13 ins Hier und Jetzt. Leider hat sich die Situation in den vergangenen eineinhalb Jahren nicht gebessert. Noch immer können wir nach wie vor nur die oben genannten Sender empfangen. Dies deckt sich auch mit der interaktiven Karte von digitalradio.de. Auch wenn man auf der Karte im Umland umher klickt scheint es zumindest in der Region eher die Regel als die Ausnahme zu sein.

Immerhin, man hat der Quantität Willen mittlerweile den Sender SWR4 in seine vier Regionalstudios aufgeteilt. Besser macht das die Sache freilich nicht, denn erstens ist das Programm über alle vier Sender hinweg überwiegend identisch, mit Ausnahme der Nachrichten vielleicht, und erschwerend kommt hinzu, dass man SWR4 nett gesagt eher als Heimatsender bezeichnen könnte. Das Programm richtet sich wohl hauptsächlich an eine Zielgruppe jenseits der 60 mit viel volkstümlichem Schlager sowie konservativer Musik und Chansons der 50er und 60er Jahre. Alles in allem also eher ein Sender, der nicht gerade meine Generation anspricht.

Was bleibt also vom großen Werbeversprechen?

Wollen wir mit dem positiven beginnen: Wahrlich ist der Klang, wenn man ihn denn hört, stets rauschfrei. Im Vergleich zu unserem alten analogen Radio mit seinen wetterbedingten Aussetzern ist das ganz klar ein Unterschied wie Tag und Nacht – keine Frage.

Dann hört es aber leider auch schon wieder auf. Die Metainformationen mögen ein tolles Feature sein, werden aber in aller Regel selten benötigt. Außerdem waren zumindest zum damaligen Zeitpunkt keine Geräte mit großem Display im Elektrofachgeschäft verfügbar. Geräte mit Farbdisplay wurden damals gar nicht angeboten und diejenigen mit LCD haben meist so kleine Schrift, dass man direkt vor dem Gerät stehen muss um den Text abzulesen. In diesem Sinne also eher ein Gimmick als ein nützlicher Mehrwert.

Die größte Enttäuschung war jedoch die Senderauswahl! Keine Privatsender, die öffentlich-rechtlichen nur aus Baden-Württemberg, obwohl die Grenze zu Bayern keine 10 Autominuten entfernt ist. Wo also die versprochene Sendervielfalt? Zum Glück kann unser Empfänger auch UKW empfangen und auch wenn mir die Pointe fast zu lächerlich erscheint muss ich sagen, dass die Musik im UKW spielt. Ich hab’s nicht gezählt aber analog bekommt man hier 20 oder 30 Sender geboten. Dabei sind die aufgezählten Digitalsender (abzüglich DasDing, welches hier nicht analog ausgestrahlt wird), sämtliche bayrische öffentlich-rechtliche, ein paar bundesweite Sender, allen voran das Deutschlandradio, und auch diverse Privatradios aus ganz Baden-Württemberg, dem bayrischen Umland und bei gutem Wetter sogar aus Hessen.

Wenn DAB+ eine Zukunft haben soll, und darauf scheinen die Verantwortlichen zu setzen, dann muss insbesondere bei der Sendervielfalt etwas getan werden. Man kommt sich als Kunde und Käufer durchaus leicht veräppelt vor wenn immer wieder mit einer viel höheren Sendervielfalt als Hauptargument geworben wird, man dann aber noch nicht einmal die aus dem UKW bekannten Sender herein bekommt. Hier kann noch nicht einmal die zögerliche Haltung der Privaten vorgeschoben werden, denn nicht einmal das komplette öffentlich-rechtliche Programm ist zu empfangen; was rede ich, noch nicht einmal ein Bruchteil davon. Ich hätte zumindest erwartet, dass ich sämtliche deutschen öffentlich-rechtlichen Sender über DAB+ empfangen könnte, aber Pustekuchen.

Wenn in diesem Bereich nicht dringend und zeitnah deutlich nachgebessert wird fürchte ich, dass DAB+ überholt sein wird bevor es überhaupt Fuß fassen können wird. Wer nicht mit der Zeit geht, geht bekanntlich mit der Zeit. Den Anreiz, mir ein weiteres DAB+-Gerät anzuschaffen oder jemanden hier in der Region eine Kaufempfehlung auszusprechen sehe ich derzeit jedenfalls auf keinen Fall.

Ich rate jedem, der über den Kauf eines DAB+-Radios nachdenkt dringend an, sich die oben verlinkte Karte anzusehen und zu überprüfen, welche Sender am eigenen Wohnort empfangen werden können. Im Zweifel ist man mit einem Webradio oft besser bedient und kann Sender aus der ganzen Welt kostenlos empfangen.

Warum die Telekom Deutschland noch in die Rezession drosseln wird

Vieles ist schon gesagt worden zu den absurden Plänen der Deutschen Telekom, zukünftig ab der Überschreitung eines bestimmten Datenvolumens die Bandbreite bis zur Unkenntlichkeit zusammenzustreichen. Die bewährte Praxis aus den Datenfunknetzen soll nun also auch auf das DSL-Netz übertragen werden; die Flatrate wird zur Farce und die Telekom zur Drosselkom.

Was mir bei der Berichterstattung jedoch stets viel zu kurz kam, ist die volkswirtschaftliche Betrachtung dieses Vorgangs, denn jene Berichte, die ich gelesen habe, bezogen sich stets nur auf die Auswirkungen für den individuellen Privatnutzer. Man beachte, dass Firmenkunden ohnehin nicht von den Plänen der Telekom betroffen werden sein sollen.

Ich habe immer wieder Vergleiche mit einem Sportwagen gelesen, welches nach einer bestimmten, moderat langen monatlichen Fahrtstrecke nur noch maximal 1 km/h schnell fahren kann. Der Vergleich zeigt zwar die Absurdität, hinkt jedoch ein wenig.

Ich glaube, ich habe noch einen Besseren: Mittlerweile zahlt ja jeder brav seine GEZ-Gebühr seinen Rundfunkbeitrag an den ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice. Nebenbei, wer hat sich eigentlich diesen Namen einfallen lassen? Wie auch immer, stellen wir uns folgende Analogie vor: Jeder, der im Monat mehr als 30 Stunden fern sieht, bekommt ab dann nur noch Schwarz-Weiß-Bild, welches unscharf ist als hätte man eine Milchglasscheibe vor dem Fernseher montiert, und der Ton klingt wie aus dem Dosentelefon. Immerhin wäre die GEZ der ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice bereit dazu, das Sehen der Tagesschau beziehungsweise von ZDF Heute nicht vom Stundenpensum abzuziehen – wie gnädig! Für günstige 5,39 € könnte man dann weitere 30 Stunden ungetrübter Fernsehzeit zubuchen.

Klingt das nicht weltfremd? Tja, doch genau das hat die liebe graue Post Deutsche Telekom AG jetzt vor.

Nun ist es natürlich leicht, die schiere Profitgier als Grund vorzuschieben à la Datendurchsatz runter, Gewinn rauf. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht. Die Wahrheit ist nämlich leider ein wenig komplizierter!

Das deutsche Telefonnetz stammt, zumindest in Teilen, noch aus der Zeit des dritten Reichs. In jenen Tagen hat verständlicherweise noch keiner daran gedacht, dass in einer gar nicht all zu fernen Zukunft einmal farbige Fernsehbilder in gestochen scharfer Qualität mit Achtkanalton durch die dünnen Kupferkäbelchen geschickt werden sollen. Und wenn man bedenkt, dass der Farbfilm gerade einmal 110 und der Tonfilm 90 Jahre alt sind, dann ist dies auch nicht verwunderlich. Man war in jenen Tagen schon froh genug, wenn man mit einer anderen Person fernsprechen konnte, stand denn überhaupt irgendwo im Dorf ein Apparat zur Verfügung.

Doch zurück zum Thema: Das alte Kupferkabelnetz hat einen Nachteil: Die möglichen Bandbreiten pro Ader sind endlich. Und wer nicht gerade einen Verteiler unmittelbar vor der eigenen Haustür stehen hat, der darf sich über lange Ladebalken freuen. Bei VDSL mit 50 MBit/s ist dann selbst unter optimalen Bedingungen die Grenze des technisch möglichen und sinnvollen erreicht. DSL-Standards, die diese Bandbreite überbieten setzen dazu faule Tricks ein, die oft eine Behinderung für Mitbewerber oder andere Nutzer darstellen.

Dennoch versucht die Telekom krampfhaft, das letzte aus den alten Kupferkabeln herauszuholen. Das Problem ist nämlich, dass die Modernisierung des Netzes mit sehr hohen Kosten verbunden sein wird. „Sein wird“ deshalb, weil wir auf mittlere Sicht nicht darum herum kommen werden. Und hoch sind die Kosten, weil die so genannte letzte Meile, also das Telefonkabel vom Keller zum nächsten Verteilerkasten, ausgetauscht werden muss. Klar, dass das Aufreißen der kompletten Straße wie der Gärten nicht aus der Portokasse zu zahlen ist. Und wenn die Telekom heute ihr Netz modernisiert, dann werden in der Regel nur die beiden Endstücke getauscht, das patinierte Kabel bleibt jedoch an Ort und Stelle.

Das Problem ist nun, dass zwar der weltweite Datenverkehr zunimmt, die Netze der Telekom jedoch längst an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gefahren wurden. Die Telekom hat nun also zwei Möglichkeiten: Sie reduziert den Datenverkehr, oder sie steigert die Einnahmen, um das Netz ausbauen zu können. Die Drosselpläne sind das Ergebnis dieser Zwickmühle. Geplant ist eine Offensive an zwei Fronten: Zum einen die Reduzierung des Datenverkehrs durch künstliche Verknappung, sprich Drosselung der Leitungen, zum anderen das Angebot an Nicht-Wenignutzer, sich mit einen zusätzlichen Obolus am Netzausbau zu beteiligen. Zum Lohn wird das Netz dann bis zum Erreichen der nächsten Drosselstufe wieder in einen benutzbaren Zustand versetzt.

„Der Markt wird’s schon richten“, schreien jetzt wohl die Marktgläubigen. Und schon kommen die Ersten auf die Idee, mit den Füßen zu protestieren und einfach ihren Vertrag zu kündigen, um einen anderen Anbieter zu wählen. Das Spiel funktioniert jedoch nur bedingt, da, wie oben bereits erwähnt, das Telefonnetz in großen Teilen der Telekom gehört; alternative DSL-Anbieter mieten sich nur das Kabel. Und dadurch kann auch hier die Telekom Kraft eigener Arroganz die Mitbewerber durch Wuchermieten zur Handlung nötigen.

Mehrere parallele Datennetze unterschiedlicher Anbieter können auch nicht im Interesse des Kunden sein, denn für jedes Kabel müssen die komplette Straße wie auch sein Vorgarten aufgerissen werden. Das kostet Zeit, Nerven und vor allen Dingen Millionen Milliarden. Jedenfalls wird eines klar: Eine Firma, die zugleich ein Monopolnetz besitzt und betreibt, und zugleich als Internetdienstanbieter (ISP) auftritt, also Internetverträge anbietet, stellt eine Dualität dar, welche nicht im Interesse des Marktes und damit auch nicht in dem des Kunden ist.

Die Krux ist nun aber, dass ein Netzausbau unumgänglich ist, denn die deutsche Industrie ist zunehmend auf zuverlässige und breitbandige Datenverbindungen angewiesen, um ihren Betrieb aufrecht erhalten zu können. Immer mehr wird digitalisiert, der Datenverkehr steigt täglich. Und da auch der Kundenkontakt zunehmend über das Internet abgewickelt wird, kann nicht nur eine tadellose eigene Internetanbindung im Interesse der Unternehmen sein. Auch die Kunden am anderen Ende benötigen einen Zugang zum Netz, der nicht Mitte des Monats abgewürgt wird. Es wäre daher davon auszugehen, dass die deutsche Wirtschaft zunehmend von anderen Industrienationen abgehängt würde, die schon seit Langem große Summen in den Netzausbau und die Instandhaltung investieren.

Nun kann jedoch aus oben genannten Gründen keiner ernsthaft fordern, dass mehrere Anbieter parallele kabelgebundene Datennetze betreiben sollen. Aus meiner Sicht muss viel mehr sichergestellt werden, dass dieses quasi natürliche Monopol nicht missbraucht werden kann. Das Netz muss daher von der Telekom entflechtet werden und von einer neutralen Stelle verwaltet werden, die nicht an die unmittelbaren Gesetzen des Marktes gebunden ist. Gleichzeitig muss es aber ihr Interesse sein, das Datennetz stets in einem Zustand zu halten, der einer übermäßig erfolgreichen Volkswirtschaft wie der unsrigen gerecht wird.

Den Älteren unter meiner Leserschaft werden nun hoffentlich sofort grässliche Bilder einer grauen Vergangenheit mit einer noch graueren Post und einer Staats-Telekom in den Sinn kommen. Man erinnert sich an Zeiten, als man beim Wählscheibentelefon bestenfalls die Farbe auswählen konnte, und der Anschluss fremder Hardware mit der Todesstrafe bedroht wurde. Das kann also auch nicht unser Ziel sein.

Daher schließe ich mich der häufig zitierten Forderung: „Netze in Nutzerhand“, an! Konkret stelle ich mir darunter vor, dass die Nutzer des jeweiligen Netzes vor Ort eine Genossenschaft oder ein ähnliches Konstrukt gründen, um eigenverantwortlich ihr lokales Datennetz bereitzustellen. Nur ein derart dezentral organisiertes Netz kann sich optimal an die jeweils gültigen örtlichen Bedingungen optimal anpassen.

Auf den Ausbauplänen ganz unten steht häufig der ländliche Raum. Da erstaunt es kaum, dass bei den Einwohnern der kleinen Dörfer und Gemeinden der Ärger besonders groß ist, wenn dort die Drosselung ohnehin keinen Einfluss auf die Geschwindigkeit des Netzes hätte. Denn was der Gesetzgeber unter einem Breitbandnetz versteht sieht der gemeine Internetnutzer wohl eher als schlechten Witz an.

Mit gutem Beispiel voran gingen daher diverse kleinere Orte in Bayern, die von der Telekom kategorisch im Stich gelassen wurden. So haben die Gemeinden Oberhausen und Türkenfeld bereits im letzten Jahr ein eigenes Glasfaser-Ortsnetz finanziert und erfolgreich verlegen lassen. Einige weitere Orte planen oder bauen bereits eigene Ortsnetze. Und was der Kunde davon hat: 50 MBit/s synchrone Bandbreite (im Gegensatz zu DSL, wo das Hochladen von Daten in der Regel achtmal so lange dauert wie das Herunterladen), ein ISDN-Telefonanschluss sowie Digitalradio und Digitalfernsehen direkt aus der Glasfaser. Und das Ganze gibt es zu einem Preis, der unmerklich über den üblichen Verdächtigen liegt (Triple Play für knapp 60 €/Monat inkl. sämtlicher Grundgebühren).

Sollte die Telekom tatsächlich zur Drosselkom werden, statt endlich die Netze auf den Stand des 21. Jahrhunderts zu bringen, sehe ich schwere Zeiten auf den Konzern zukommen. Außerdem hoffe ich, dass der Staat rechtzeitig eingreift und Gesetze zur Netzneutralität erlässt um so einen Riegel vor jene Pläne der Telekom zu schieben, die eine Bevorzugung von Kooperationspartnern vorsieht. Dies würde jene nämlich gegebüber der Konkurrenz start übervorteilen. Eine derartige Marktverzerrung darf nicht stattfinden!

Gedanken und Fragen zu einem bedingungslosen Grundeinkommen

Es war irgendwann im Herbst oder Winter 2009, als ich mit ein paar Stammtischfreunden in Richtung Schwäbisch Gmünd unterwegs war, und wie das bei längeren Fahrten so ist, wurde natürlich auch über diverse Themen diskutiert. Irgendwann fiel ein Begriff, den ich bis dato noch nie gehört habe. Die Rede war von dem bedingungslosen Grundeinkommen. Interessiert fragte ich nach, worum es sich denn da handele, woraufhin mein Mitfahrer mir einen kurzen Abriss zu dem Thema gab. Er erwähnte, dass er sich innerhalb einer Arbeitsgruppe bei den Piraten mit dem Thema auseinandersetzen würde, allerdings mangels Zeit nicht zu tief in dem Thema verankert sei.

Für mich schien die Idee zunächst völlig wirr, die bekannten Vorurteile wanderten durch meine Gedanken. „Wie soll das denn funktionieren?“, fragte ich mich, und natürlich auch, wer das denn bezahlen solle. Doch die Bedenken gingen noch viel Tiefer: Ist es denn nicht ungerecht, einem Menschen einfach so Geld zu überlassen, ohne dass dieser sich für den Obolus auch bemüht und einer Arbeit nachgeht? Ich war verunsichert, doch das Thema blieb mir im Hinterkopf.

Erst viel später, als das Thema nach dem Bundesparteitag in Chemnitz wieder aktuell wurde, habe ich mich in der Not gesehen, mich mit diesem Thema näher auseinanderzusetzen. Ich habe Informationsquellen gesucht und gefunden und mit der Zeit klärten sich immer mehr scheinbare Widersprüche auf. Von einem Kritiker wurde ich immer mehr zu einem Befürworter eines BGE. In Offenbach schloss ich mich schließlich der Parteimehrheit überzeugt an und stimmte für das Ja zur offenen Debatte, zur Enquete-Kommission und zur Volksabstimmung.

Ich habe das Wort „eines“ oben bewusst kursiv gesetzt, denn dass nicht über ein konkretes Modell votiert wurde, hat mir die Entscheidung sehr erleichtert. Es kursieren derzeit mindestens doppelt so viele Modelle für ein BGE, wie ich Finger an den Händen habe, manche davon bis ins Detail durchgerechnet, andere eher als grobe Idee zu verstehen. Ich wollte daher diese Gelegenheit nutzen, um Anforderungen zu formulieren, die ich an ein bedingungsloses Grundeinkommen richten würde, ich möchte aber auch für mich offene Fragen in den Raum stellen, die meine verehrten Leser mir gerne beantworten dürfen.

Der wichtigste Faktor für mich ist, dass das BGE die Existenz in vollem Umfang sichert und ein ausreichendes Maß an sozialer Teilhabe ermöglicht. Ich beziehe mich ausdrücklich auf die vier Grundregeln, welche ein BGE ausmachen. Meinem persönlichen Gefühl nach müsste der Satz bei circa 700–800 Euro im Monat liegen. Kinder sollten in meinen Augen einen geringeren, an den Realbedarf angepassten und gestaffelten Betrag beziehen. Die Auszahlung hat dabei aber individuell zu erfolgen, die Anzahl der Kinder in einer Familie darf also weder zu deren finanziellen Vor-, noch Nachteil werden. Da Menschen im hohen Alter kaum noch die Kraft haben, ein zusätzliches Einkommen zu erwirtschaften, könnte ich mir auch einen Rentnerbonus vorstellen, also einen erhöhten Betrag ab einem gewissen hohen Lebensalter, der jedoch nach wie vor unabhängig von der beruflichen Qualifikation bezahlt wird. Dies impliziert natürlich einen Wegfall der bisherigen Rentenkassen, wobei zugesicherte Renten über dem BGE-Niveau selbstverständlich nicht verfallen sondern garantiert ausbezahlt werden.

Einen entkoppelten Mietzuschlag lehne ich ab, da dieser kaum ohne eine Bedürftigkeitsprüfung gewährt werden kann. Außerdem ist mir die Datensparsamkeit ein wichtiges Anliegen; dem Staat geht es nichts an, wie viel Miete ich für meine Wohnung bezahle. Energie- und Wasserkosten sowie sonstige Gebühren, beispielsweise für die Müllentsorgung, sollen in das BGE mit einbezogen sein und ebenfalls von diesem bezahlt werden.

Vergleicht man die verschiedenen Modelle, so kann man diese vom Finanzierungsaspekt grob in zwei Gruppen teilen: Umsatzsteuer- oder Einkommenssteuerfinanziert. Ich habe lange geglaubt, dass nur Modelle der letzteren Gruppe wirklich gerecht sind, da ansonsten vor allen Dingen der Konsument, also der umgangssprachliche kleine Mann, bezahlt. Angeregt durch zahlreiche Diskussionen, die ich in den vergangenen Tagen und Wochen führte, und nicht zuletzt den Fernsehauftritt von Johannes Ponader bei Markus Lanz (ZDF) bin ich mir allerdings nicht mehr sicher, ob dieser Glaube richtig war.

Die Vorteile einer rein mehrwertsteuerfinanzierten Lösung erschließen sich schnell, wenn man darüber nachdenkt: Es gibt aufgrund der Systemarchitektur keine Möglichkeit mehr, schwarz zu arbeiten oder Steuern zu hinterziehen. Das Steuersystem wäre derartig vereinfacht, dass ich für die Steuererklärung noch nicht einmal mehr einen Bierdeckel bräuchte – eine Sensation! Dabei ist das System allerdings durch das BGE nach wie vor progressiv und gleichzeitig transparent für jeden von uns, die bezahlten Steuern stehen auf den Cent genau auf dem Kassenzettel beziehungsweise auf der Rechnung.

Mich hat vorwiegend eine plakative Frage auf diesen Gedanken gebracht, die ich letztens in irgend einem Video zu dem Thema gestellt bekam: „Wer bezahlt eigentlich Ihre Lohnsteuer?“ – Was für eine grandiose Frage! „Ich natürlich!“, sagte ich mir, doch dann stutzte ich, denn meinen Lohn bezahlt mein Arbeitgeber. Wobei das auch nicht stimmt, denn der hat bekanntlich keine Gelddruckmaschine im Keller stehen, sondern gibt mir einen Teil seines Gewinnes weiter. Letztlich bezahlt meine Lohnsteuer also der Endkunde, der die Produkte seiner Firma kauft. Neben der gekennzeichneten Mehrwertsteuer von 19 Prozent des Kaufpreises bezahlt der Kunde also noch mindestens eine versteckte Steuer mit. Denkt man weiter darüber nach, bezahlt der Endkunde sogar alle Steuern, die auf dem langen Weg der Fertigung der gekauften Ware anfallen.

Wenn ich mir im Laden ein Produkt für einen Euro kaufe, zahle ich knapp 16 Cent Mehrwertsteuer. Es verbleiben noch 84 Cent, der Nettopreis. Doch in Wirklichkeit ist dieser Preis gar nicht netto, denn er enthält, wie eben geschlussfolgert, eigentlich noch einen erheblichen Anteil an Steuern, die der Produzent an mich weiter gibt. Ich kenne den Prozentsatz nicht genau, doch aus dem Gefühl heraus schätze ich, dass von den übrig gebliebenen 84 Cent noch einmal 40–50 Prozent weitergereichte Steuern sind. Schnell kommt man auf einen echten Steuersatz, der im mittleren zweistelligen Bereich liegen wird, und eben nicht die 19 Prozent, die auf dem Kassenzettel ausgewiesen sind.

Den ganzen komplexen Steuerapparat könnte man mit einem rein mehrwertsteuerorientierten Modell in Gänze einstampfen. Jeder wüsste genau, wie viel des bezahlten Kaufpreises an den Staat gehen, komplexe Steuerausgleiche wären nicht mehr nötig. Außerdem habe ich mir sagen lassen, wobei ich das nicht nachgeprüft habe, dass die Mehrwertsteuern monatlich an den Fiskus gehen, während Lohnsteuern nur jährlich abgerechnet werden. Dies würde, so der Verkünder, den Staat deutlich liquider machen.

Bei dem Konzept sehe ich aber dennoch Probleme: Ab einem bestimmten Lohnbetrag kann ich das eingenommene Geld nicht mehr ein zu eins ausgeben. Wer sein Geld also spart, statt zu konsumieren, profitiert auf Kosten derjenigen, die ihr monatliches Etat großenteils verkonsumieren. Außerdem sehe ich im Zuge der Globalisierung die Gefahr, dass viele Menschen hierzulande arbeiten würden, da ein Land ohne Einkommenssteuer attraktiv wirkt, den Konsum von vorwiegend teuren Luxusgütern aber im Ausland tätigen würden, wo es aufgrund der geringeren Mehrwertsteuer ein Sparfaktor wäre. Folglich hätte man also doch wieder eine Art Steuerhinterziehungsmodell.

Eine schöne Lösung ist mir bisher noch nicht eingefallen, nur, dass man beispielsweise alle Geldtransfers aus dem Land heraus voll besteuern könnte. Aber ob das die Lösung ist?

Wichtig wäre mir für ein BGE auf jeden Fall noch ein automatischer Inflationsausgleich; der Betrag sollte also Jährlich automatisch und ohne Zutun um die gemeldete Vorjahresinflation erhöht werden.

Ein Thema, das mir auch noch nicht ganz klar gelöst vorkommt ist das der regionalen Preisunterschiede. Alleine in meiner kleinen Welt, die sich vielleicht fünfzig Kilometer um meinen Wohnort herum ausbreitet, gibt es teils extreme Preisunterschiede bei den Konsumgütern, vorwiegend Lebensmittel und Benzin. Im beschriebenen Radius zeigt der Treibstoffpreis beispielsweise ein recht konstantes Ost-West-Gefälle von zehn bis 15 Cent; ein Schnitzel in der Wirtschaft kann gerne je nach Ort ein oder zwei Euro teurer sein. Interessant zu erwähnen ist vielleicht, dass die beide Scheren kurioserweise entgegengesetzt verlaufen, wobei dies ein anderes Thema ist, welches ich hier nicht vertiefen möchte. Offenbar haben die Franken aber lieber ein Schnitzel im Bauch als Kraftstoff im Tank …

Um aber auf das Thema zurück zu kommen: Mir fehlen noch konkrete Konzepte, wie man auf lokale Gegebenheiten angemessen reagieren kann. Macht man die Höhe des BGE vom Wohnort abhängig? Sorgt man anderweitig für eine Angleichung? Das würde mich interessieren.

Ich glaube jedenfalls, dass das BGE sowohl wirtschaftlich, wie auch gesellschaftlich einen positiven Wandel in Deutschland einleiten würde. Danach strebe ich.

Der digitale Radiergummi

Und er ist wieder in aller Munde: Der digitale Radiergummi. Gemeint ist damit eine Möglichkeit für Internetnutzer, in der Vergangenheit veröffentlichte Daten aus dem Netz zu tilgen. Begründet wird diese Maßnahme oft mit einem propagierten „Recht auf Vergessen.“

Wir leben in einer sich ändernden Zeit, in einer Zeit mit achthundert Millionen Facebook-Nutzern, in der unzählige Menschen soziale Netzwerke verwenden und selbst intimste Fakten über sich hier vor der ganzen Welt preisgeben. Leichtsinnig werden hier gerne auch Daten verbreitet, die man im Nachhinein lieber schnell wieder in die ewigen Jagdgründe befördert haben möchte.

Die Verlockung ist daher groß eine Art Radiergummi zu entwickeln, mit dem man zu jedem Zeitpunkt jedwede veröffentlichte Information über sich wieder aus dem Selbigen tilgen kann. Doch so einfach diese Lösung scheint, so unmöglich ist deren Umsetzung!

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